Flüchtlingsausstellung

Preisverleihung durch die Felix-Fechenbach-Stiftung

aus der LZ vom 30.03.2017 von Thomas Dohna

Neugier und Fürsorge

Auszeichnung: Die Schüler des Projektkurses Sozialwissenschaften der Leopoldshöher Gesamtschule bekommen für eine bemerkenswerte Flüchtlingsausstellung den Preis der Felix-Fechenbach-Stiftung

Leopoldshöhe. Es war eine selbstgestellte Aufgabe im Kursus Sozialwissenschaften an der Felix-Fechenbach-Gesamtschule (FFG): Die Schüler der Oberstufe wollten die weltweiten Fluchtbewegungen in Beziehung setzen zur Situation der Flüchtlinge in Leopoldshöhe. Daraus entstand eine Ausstellung, die jetzt mit einem Preis der Felix-Fechenbach-Stiftung ausgezeichnet wurde.

Den Festvortrag hielt Professor Dr. Detlef Sack, Professor für vergleichende Politikwissenschaft an der Uni Bielefeld. Er nannte als Voraussetzung für eine offene, demokratische, pluralistische und streitbare Gesellschaft Neugier und Fürsorge. Er bezog sich in seinem Vortrag auch auf Ergebnisse des Instituts für Konflikt- und Gewaltforschung. Dessen Leiter Professor Dr. Andreas Zick hatte eine bemerkenswerte Studie zur „Gruppenbezogenen Frem-denfeindlichkeit“ vorgelegt. Dies sei eine Menschenfeindlichkeit, die Menschen in Gruppen fasse, und deren Hauptargument sei: „Die sind so und so.“ Sie komme ohne Gegenüber aus, was erkläre, warum sie auch in Gegenden auftrete, wo es kaum Migranten gebe, sagte Sack. Menschen, die sich so äußerten, fehlten Neugier und Fürsorge.

Beides aber hätten die Schüler gezeigt, sagte Sack. Neugier, weil sie etwas wissen wollten. Diese Eigenschaft müsse zudem erlernt werden. Sie basiere darauf, dass ohne Angst gefragt werden dürfe, im Elternhaus und in der Schule. Und so würden mit diesem Preis auch Eltern, Geschwister und die Schule ausgezeichnet. Fürsorge, Anteilnahme an dem, was mit den Menschen passiert, hätten die Schüler gezeigt.

Es gebe mehrere Formen von Feindlichkeit, sagte Sack: So gebe es mit Donald Trump einen US-Präsidenten mit klarem Freund-Feind-Schema, der einen ökonomischen Nationalismus vertrete und Menschengruppen unter Generalverdacht stelle. Der Brexit habe sich gegen bestimmte Gruppen von Einwanderern gerichtet. Seit 20 Jahren gebe es rechtspopulistische Parteien. 2015 habe es bundesweit 3523 Angriffe auf Flüchtlinge gegeben. „Das sind etwa zehn am Tag“, sagte Sack. Die ganz alltäglichen Dinge seien da noch nicht aufgeführt, zum Beispiel die institutionelle Diskriminierung im Schulsystem. Rund 40 Prozent der deutschen Bevölkerung hegten Sympathien für autoritäre Strukturen. Nur wenige schätzten ihre wirtschaftliche Situation als schlecht ein. Die Grundlagen dafür würden eher in den Familien gelegt. Familien, die sich auf Verhandlungen mit ihren Kindern einlassen, legten die Grundlage für demokratische Verhaltensweisen an, sagte Sack. Die regionale Jugendarbeit spiele eine Rolle und auch kurzfristige Ereignisse, wie die Kölner Silvesternacht. Diese Feindlichkeit führe zu einer Gegenbewegung, zu einer Politisierung. „Die Menschen fragen sich nun, wofür stehe ich?“, sagte Sacke.