Der Unterricht in inklusiven Lerngruppen sollte so gestaltet sein, dass die Heterogenität der Gruppe als Bereicherung von allen Beteiligten wahrgenommen wird.
3.1 Unterricht im Klassenverband
„Es gibt keine spezielle Didaktik des gemeinsamen Lernens. Zielführend ist in jedem Falle die Leitidee der „individuellen Förderung“. Dabei gilt es, Methoden und Unterrichtsformen auf die jeweiligen individuellen Lernvoraussetzungen aller Kinder abzustimmen“ [1].
Dazu wird die unterrichtende Lehrkraft durch die Förderpädagoginnen beraten, in der Vorbereitung und Bereitstellung von Unterrichtsmaterialien oder durch Doppelbesetzung unterstützt, um ein gemeinsames individuelles Lernen für alle zu ermöglichen.
Besonders geeignet für heterogene Lerngruppen sind offene Unterrichtsformen, in denen Kinder ihren Lernprozess selbstständig und eigenverantwortlich gestalten, sowie andererseits stärker strukturierte Unterrichtsformen, mit Hilfe derer die besonderen Bedürfnisse von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf berücksichtigt werden.
Welche der Unterrichtsformen bzw. Methoden jeweils zur Anwendung kommen, ist abhängig von der aktuellen Lernsituation.
„Die empirischen Befunde zur Lernforschung zeigen, dass zur effektiven Förderung von Kindern mit Leistungsschwächen ein gut geplantes Vorgehen angebracht ist, bei dem die Inhalte oder die Strategien explizit, redundanzreich und schrittweise vermittelt werden“ [2] und möglichst lange Zeit mit einem Material und an einem Thema gearbeitet wird.
Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf nehmen in der Regel am Klassen- und Kursunterricht teil. Daher werden die Unterrichtsstrukturen verändert und den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schülerinnen angepasst. Offene Unterrichtsformen und innere Differenzierung bilden hierfür Schwerpunkte.
Neben Gruppenarbeit und projektorientierten Unterrichtsformen sind Wochenpläne, Freie Arbeit und Lernen an Stationen elementarer Bestandteil eines offenen Unterrichts. Dafür werden individuelle Arbeitsaufgaben und Wochenpläne auf der Basis des schulinternen Curriculums für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf erstellt und eigenverantwortlich bearbeitet.
Als geeignete Unterrichts- und Kooperationsformen bieten sich Aktivitäten in Funktionsecken, Arbeiten an Lehrgängen, Lernen an individuell erstelltem Arbeits- und Anschauungsmaterial oder Projektunterricht an.
3.2 Unterrichten in Kleingruppen
Darüber hinaus wird es für Förderschülerinnen und Förderschüler im Bereich „Lernen“ und „Geistige Entwicklung“ auch individuelle Förderung in Kleingruppen geben. Hier sollen mit sonderpädagogischer Unterstützung individuelle Förderschwerpunkte der Schülerinnen und Schüler aufgegriffen werden, die eine vertiefende Übung benötigen und im Klassenverband nicht umzusetzen sind. Diese Förderung kann klassenintern, jahrgangsgebunden oder jahrgangsübergreifend erfolgen. Die Zusammensetzung der Fördergruppen wird nach den Förderplänen der Schülerinnen und Schüler in Absprache mit dem Klassenteam und der Förderpädagogin festgelegt.
3.3 Leistungsbeurteilungen für Schülerinnen und Schüler mit Unterstützungsbedarf
In der Leistungsbeurteilung wird grundsätzlich zwischen Schülerinnen und Schüler unterschieden, die zielgleich und zieldifferent unterrichtet werden.
Für Schülerinnen und Schüler mit Unterstützungsbedarf, die zielgleich unterrichtet werden, bestehen die gleichen Regelungen zur Leistungsbewertung und für Abschlüsse, die für alle Schülerinnen und Schüler einer Gesamtschule gelten. Die Grundlage für den Unterricht bilden die Lehrpläne für die einzelnen Unterrichtsfächer.
Dies trifft in der Regel für Schülerinnen und Schüler mit dem Förderbedarf KME, ESE, Sehen, Hören und Kommunikation oder Schülerinnen und Schüler mit Autismus-Spektrum-Störungen zu.
Schülerinnen und Schüler, die den Förderschwerpunkt „Lernen“ oder „Geistige Entwicklung“ haben, werden zieldifferent unterrichtet, da ihre Lernentwicklung langanhaltend und umfänglich beeinträchtigt ist, so dass eine vergleichende Bewertung mit Regelschülerinnen und -schülern nicht ihren individuellen Möglichkeiten entspricht.
Je nach Thema und individuellen Möglichkeiten werden für diese veränderte („differente“) Ziele festgelegt, die sie erreichen können. Sie können und müssen nicht die Kriterien des Lehrplans erfüllen, werden je nach Förderplan mit inhaltlich verschiedenen und umfangreduzierten Materialien unterrichtet.
Schülerinnen und Schüler mit diesen Förderschwerpunkten erhalten keine Noten. Ihre Arbeiten oder Tests werden mit kurzen Texten oder einzelnen Sätzen bewertet. Die Bewertungssätze sollen konkrete Formulierungen enthalten, die sich auf die Aufgabe beziehen und positiv formuliert sind. Die individuellen Leistungsüberprüfungen müssen dem Leistungsniveau des Schülerinnen und Schülers entsprechen und sich auf die behandelten Themen beziehen.
Zur schriftlichen Beurteilung sollten die entsprechenden Beurteilungsvordrucke (IServ) verwendet werden, die wichtige rechtliche Formulierungen enthalten. Für Eltern und Schülerinnen und Schüler muss deutlich erkennbar sein, dass zieldifferent bewertet wird, um eine Vergleichbarkeit mit Zensuren anderer Schülerinnen und Schüler auszuschließen. Dies ist für die Art der Schulabschlüsse zieldifferent unterrichteter Schülerinnen und Schüler unablässig und rechtlich bedeutsam.
Gerade für Schülerinnen und Schüler mit dem Unterstützungsbedarf „Geistige Entwicklung“ kann es notwendig sein, vollständig auf Klassenarbeiten zu verzichten und ihre Leistungen durch Unterrichtsbeobachtungen und Arbeitsergebnisse zu dokumentieren. Hier sind maßgeblich die im Förderplan mit der Klassenkonferenz festgelegten Förderziele.
Auch die Zeugnisse sind individuelle Beurteilungen mit Textformulierungen in Form eines Berichtszeugnisses. Für jedes Fach wird beschrieben, wie die Lernfortschritte der Schülerin und des Schülers sind. Hinzu kommt eine Beschreibung des aktuellen Lern- und Arbeitsverhaltens. Diese Textbausteine werden von den Fach- und Klassenlehrern entworfen, von der Klassenkonferenz besprochen und in der Zeugniskonferenz abgestimmt.
3.4 Abschlüsse für Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt „Lernen“ und „Geistige Entwicklung“
Schülerinnen und Schüler, die ihre Vollzeitschulpflicht erfüllt haben und die Schule nach Klasse 10 verlassen, erhalten ein Zeugnis, das die erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten bescheinigt.
Die Klasse 10 führt in der Regel zum Abschluss des Bildungsgangs Lernen.
Optional kann bei guten Leistungen nach Klasse 10 ein dem Hauptschulabschluss (nach Klasse 9) gleichwertiger Abschluss erreicht werden.
Dies muss am Ende der Klasse 9 durch die Versetzungskonferenz festgelegt werden und führt zu einer Beurteilung mit Zensuren und Textbausteinen in der 10. Klasse.
Am Ende der Schulbesuchszeit erhalten die Schülerinnen und Schüler mit dem FSP „Geistige Entwicklung“ ein Abschlusszeugnis, das die erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten bescheinigt. Eine Benotung findet nicht statt [3].
3.5 Unterrichtsmaterialien im inklusiven Unterricht
Das individualisierte Lernen wird in heterogenen Lerngruppen mit Schülerinnen und Schülern mit Unterstützungsbedarf immer vorrangiger und dringlicher werden.
Da die Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf am Klassenunterricht teilnehmen, ist ein vorrangiges Ziel, alle Schülerinnen und Schüler der Klasse themengleich mit differenziertem Material zu unterrichten.
Binnendifferenzierung im Unterricht bedarf natürlich an die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler angepasste Lernmaterialien.
Förderschülerinnen und -schüler im Bereich „Lernen“ und „Geistige Entwicklung“ lernen besonders erfolgreich, wenn sie sich zunächst handelnd einen Zugang zu Themen erarbeiten können, die sie dann auf weiteren Abstraktionsebenen fortsetzen. Notwendig sind auch vielfältige Übungs- und Wiederholungsmöglichkeiten, um ihr erworbenes Wissen langfristig im Gedächtnis zu verankern und in ihr Wissensrepertoire zu übernehmen.
Zum einen werden bereits geeignete Unterrichtswerke in Deutsch und Englisch, die Materialien und Arbeitshefte für inklusiv zu unterrichtende Schülerinnen und Schüler anbieten, verwendet. Schülerinnen und Schüler mit Unterstützungsbedarf erhalten je nach Förderplan unterschiedliche Arbeitshefte, die ihrem Lernniveau entsprechen.
Im Fach Mathematik wird darüber hinaus ein Lehrwerk eingesetzt, das Förderschülerinnen und -schülern im Bereich „Lernen“ umfangreiche und geeignete Übungsmöglichkeiten innerhalb der Themen des Lehrplanes anbietet.
Es wurde damit begonnen, in allen weiteren Fächern differenzierendes Material zu entwickeln, damit die unterrichtenden Lehrkräfte mittelfristig über einen Materialpool verfügen, um allen Schülerinnen und Schülern in ihren Klassen und Kursen gerecht zu werden.
Materialien zur Einzel-Förderung, Freiarbeitsmaterial, Experimentierkästen, Lernboxen, Spiel- und Bewegungsmaterialien und Präventionsprogramme für soziales Lernen werden fortlaufend erweitert.
3.6 Einsatz von digitalen Medien im inklusiven Unterricht
Von besonderer Bedeutung ist im Zusammenhang mit Unterrichtsmaterialien die Ausstattung mit mobilen Geräten, wie Tablets und/oder Laptops.
Dies lässt sowohl individuelles Üben und Vertiefen mit geeigneter Software/Lernapps zu und unterstützt kooperative und offene Lernformen, die durch die heterogenen Aneignungsniveaus der zu unterrichtenden Schülerinnen und Schüler unabänderlich werden.
Dazu ist eine gute Ausstattung mit Medien aller Art wichtig. Dies kann sich nicht nur auf Materialien und Schulbücher beziehen, sondern auch auf eine flächendeckende Ausstattung mit mobilen Geräten wie Tablets und/ oder Laptops.
Diese müssen einen Zugang zum Internet in jedem Klassenraum haben und sollten in ausreichender Form für alle Schülerinnen und Schüler von inklusiven Klassen zur Verfügung stehen.
Zu Beginn des Ausbaues ist es notwendig, hier besonders für die Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf geeignete Geräte entsprechender Anzahl zur Verfügung zu stellen, damit sie computergestützte Lernprogramme nutzen können. Dazu muss geeignete Lernsoftware als Schullizenz erworben werden.
Da Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf, die zieldifferent gefördert werden, einen hohen Bedarf an Wiederholung und Übungsformen haben, um sich sicher Lerninhalte anzueignen, stellt der Einsatz von Laptops und Tablets mit entsprechender Software/Apps ein hervorragende Form der Förderung dar.
3.7 Räumliche Voraussetzungen für inklusives Unterrichten
Individuelles Lehren und Lernen benötigt eine dafür geeignete räumliche und sächliche Ausstattung.
Viele für inklusives Unterrichten günstige Kooperationsformen und Arten der offenen Unterrichtsgestaltung (s.o.) benötigen Platz und eine gestaltete Umgebung, die Partner- und Gruppenarbeiten und Einzelarbeit in ruhiger und konzentrationsförderlicher Umgebung ermöglichen.
Dafür sind geeignete Schulmöbel und Sitzplätze genauso notwendig, wie Räume, die in der Nähe des Klassenraumes schnell zu erreichen und multifunktional von Schülerinnen und Schülergruppen genutzt werden können.
Pädagogische, soziale und methodische Unterrichtsentscheidungen und Vorhaben sollten jederzeit, nach den unterrichtlichen Gegebenheiten auch spontan umsetzbar sein.
Da der 5. Jahrgang im AULA-Trakt unterrichtet wird, wird zurzeit dort das Selbstlernzentrum als Möglichkeit zur Differenzierung für Kleingruppen und Einzelarbeit genutzt.
Gleichzeitig dient es Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf auch als Ruhe- oder Auszeitraum, wenn Unterricht im Klassenverband aus verschiedenen Gründen nicht sinnvoll ist.
In den weiteren Gebäudebereichen wurden erste Umbaumaßnahmen begonnen. Im ersten Turm im Hauptgebäude ist ein Differenzierungsraum entstanden, der zur individuellen Förderung genutzt werden wird.
Durch weitere Umbaumaßnahmen im Flurbereich soll eine Lernlandschaft entstehen, die für alle in diesen Fluren zu unterrichtenden Klassen, Einzel- und Gruppenarbeitsplätze für individualisiertes Arbeiten bereitstellt.
Diese Umbaumaßnahmen müssen sukzessive auf alle Türme der Felix-Fechenbach-Gesamtschule ausgeweitet werden.
Bereits neu gestaltete Beratungsräume in der unteren Etage stehen zur Beratung von Eltern, Kollegen und Fachteams, sowie zur Einzelförderung zur Verfügung.
[1] Vgl. Gemeinsames Lernen auf dem Weg zur Inklusion in der allgemeinen Schule, 2015, S. 40
[2] Vgl. Gemeinsames Lernen auf dem Weg zur Inklusion in der allgemeinen Schule, 2015 , S. 41-42
[3] Vgl. https://www.schulministerium.nrw.de/docs/Recht/Schulrecht/APOen/SF/AO_SF.PDF, S.5