Leopoldshöhe. Emma ist kaum ansprechbar. Lehrerin Bianca Fleischhauer rüttelt sie an der Schulter. Emma stöhnt leise. Neben ihr liegt eine leere Flasche Wodka. Die Lage scheint eindeutig: Die Elfjährige hat zu viel Alkohol getrunken. Das ist Fleischhauer und ihrem Kollegen Tobias Daniels schnell klar. Nebenan kämpfen zwei Lehrerinnen mit einer besonderen Situation: ein offener Unterarmbruch.
Das ist nicht real – es ist eine Übung, die die Schulsanitäter-AG der Felix-Fechenbach-Gesamtschule für die Ersthelfer unter den Lehrern ablaufen lässt. Ein Fünftel der Lehrer einer Schule muss sich in Erster Hilfe auskennen und fit halten. Bei Sportlehrern ist der Erste-Hilfe-Nachweis Pflicht. Was oft fehlt, ist die Übung. Dem wollte die Arbeitsgemeinschaft (AG) Schulsanitäter unter der Leitung der Lehrerin und Erste-Hilfe-Ausbilderin Daniela Schönherr abhelfen.
Die Schülerinnen und Schüler erarbeiteten typische Erste-Hilfe-Situationen. Die meisten entsprachen dem Pflichtinhalt für Erste-Hilfe-Lehrgänge, eine Situation hatten sich die Schüler ausgedacht.
26 Schulsanitäter
Bianca Fleischhauer und Tobias Daniels breiten eine Wärmefolie auf dem Boden aus und legen Emma darauf. Lina beobachtet die Situation. Sie ist wie Emma im sechsten Jahrgang und gehört zu den 26 Schulsanitätern der FFG. Sie versehen an jedem Schultag Dienst auf dem Schulhof und stehen auch während des Unterrichts im Notfall bereit. „Außerdem sind sie bei den Sportfesten sehr engagiert“, berichtet Daniela Schönherr. Die Übung für ihre Lehrer leisten sie in ihrer Freizeit ab.
Bianca Fleischhauer versucht, Emma abermals anzusprechen, fragt nach ihrem Namen, prüft Puls und Atmung und zuckt dann mit den Schultern: „Wir legen sie in die stabile Seitenlage und rufen den Notarzt.“ Gesagt, getan. Lina nickt und lobt: „Sie haben alles richtig gemacht.“
Die Lehrer üben die Versorgung von Hitzschlägen und Sonnenstichen auf dem Schulhof, Verletzungen beim Sport, Kopfverletzungen im Treppenhaus, Verbrennungen im Chemieraum, akuten Herzerkrankungen im Lehrerzimmer, die Bewusstlosigkeit im Schulflur und den offenen Armbruch mit Schock im Klassenzimmer. Dabei sind zwei Schüler betroffen. Einer liegt still und blass in der Ecke. Er hat den Anblick des Blutes des anderen Schülers mit dem Armbruch nicht vertragen. Der stöhnt bei jeder Berührung. Die Lehrerinnen sprechen mit den Schülern, während sie sie versorgen. „Diese psychologische Erste Hilfe ist auch wichtig“, betont Daniela Schönherr.
Für die Schüler ist die Übung eine neue Situation. „Es ist komisch: Kinder bringen den Lehrern etwas bei. Das ist sonst anders“, sagt Lina. Emma ergänzt: „Es macht Mega-Spaß.“