„Hast du Lust auf ein Projekt, Cora? Kannst du dir vorstellen da etwas umzusetzen? Wir haben da auch schon eine Idee, wen wir noch fragen“, lautete der erste Anstoß für die Erarbeitung dieses besonderen Projektes. Ziemlich kurzfristig und mit nur noch wenig verbleibender Zeit bis zum Abgabeschluss ging es also los.
Anlässlich des 80. Geburtstags des renommierten Soziologen Klaus Hurrelmann, veranstaltete die Universität Bielefeld die erste Pädagogik-Olympiade. Schülerinnen und Schüler aus ganz Deutschland wurden dazu aufgefordert, sich mit den im „Modell der produktiven Realitätsverarbeitung“ (MpR) enthaltenen Entwicklungsaufgaben kreativ auseinanderzusetzen und Beiträge in jeglicher Form einzureichen.
Die Teilnehmergruppe der Felix-Fechenbach-Gesamtschule kreierte schlussendlich eine Podcast-Folge mit dazugehörigem wissenschaftlichen Poster und reichte dieses Ergebnis bei der Uni Bielefeld zur Bewertung ein. Aber wie kam es überhaupt dazu?
Bevor die Erarbeitung des Projektes überhaupt gestartet werden konnte, ergab sich mit der Zusammensetzung der Gruppe als ein Grundstein für eine wissenschaftliche, kreative und ansprechende Ausarbeitung. Die Lehrerinnen Julia Krüper und Hannah Tschentscher brachten den Stein ins Rollen und motivierten Pauline Thörmer und Sarah Witte, die aktuell den 13. Jahrgang besuchen und Caro Uecker (Abiturjahrgang 2022) an dem Projekt mitzuarbeiten. Außerdem rundeten die an der FFG tätige studentische Mitarbeiterin Cora Grabsch und der von ihr für das Projekt rekrutierte Radiomoderator Maurice Flege (beide Abiturjahrgang 2021) die Gruppe ab.
Grundlage des Projektes waren die bereits erhobenen Daten aus den Pädagogik-Leistungskursen der Q1 in den Jahren 2021 und 2023. Im Rahmen der Unterrichtsvorhaben zum MpR, haben diese Leistungskurse Befragungen erstellt und diese in den Jahrgängen 9-12 durchgeführt. Die Umfrage im Jahr 2021 zielte darauf ab herauszufinden, ob und inwiefern die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Schulschließungen sich auf die Bewältigung der Entwicklungsaufgaben auswirkten. Über die Erhebung der Gefühlslage und das explizite Abfragen von Lebensbezügen, wie beispielsweise das Ausüben von Hobbys, die Bindung ans Elternhaus, Bereitschaft zur gesellschaftlichen Partizipation und die Bereitschaft und Motivation bei der Erledigung von Schulaufgaben konnte dann ein Zusammenhang zwischen der Corona-Pandemie und einer mangelnden Bewältigung bzw. erschwerten Bedingungen für die Entwicklung Jugendlicher festgestellt werden. Diese Lebensbezüge wurden beispielhaft und stellvertretend für die vier Entwicklungsaufgaben des Modells herangezogen.
Im Jahr 2023, zum Zeitpunkt der zweiten Befragung, war die Corona-Pandemie nicht mehr so präsent, die Schule befand sich nicht mehr im Lockdown und die Schülerinnen und Schüler entschieden sich bewusst dafür, den Schwerpunkt der zweiten Befragung zu verlagern. Dementsprechend beschäftigten sich die Leistungskurse zwei Jahre später, neben der Frage danach, bei welcher Entwicklungsaufgabe die Jugendlichen den meisten Entwicklungsdruck verspüren, mit dem Vorhandensein von personalen und sozialen Ressourcen, um Rückschlüsse ziehen zu können, wie die Schule unterstützend wirken kann.
Diese Daten galt es also zu verarbeiten. Der Kreativität waren im Rahmen der Pädagogik-Olympiade keine Grenzen gesetzt, also wurden die verschiedensten Ideen durchgesprochen. „Nur“ einen Aufsatz zu schreiben erschien zu langweilig, ein Lernvideo passte nicht zur Grundlage des Projekts und ein Spiel oder andere haptische Ausfertigungen wären auch nicht passend gewesen. Die Ergebnisse der beiden Befragungsjahre sollten miteinander verglichen werden, es sollten Bezüge hergestellt und der gesamte Weg des Projektes thematisiert werden. Natürlich sollten auch die Perspektiven, die das Projekt und die Befragungen ermöglichen, aufgezeigt werden. Zudem durfte die Theorie, die der gesamten Ausarbeitung zugrunde liegt, nicht zu kurz kommen. So fiel die Wahl auf einen Podcast – die perfekte Form, um die Idee eines echten wissenschaftlichen Diskurses zu verwirklichen.
Als scheinbar eingespieltes Team reichten nur zwei Termine, um von einem groben „Brainstorming“ zu dem groben Fahrplan zu kommen. Die Visionen aller Gruppenmitglieder waren ähnlich und alle wollten ein nachhaltig wertvolles Resultat erzielen.
Dank Maurice Flege, der über sein Volontariat bei Radio Lippe die Möglichkeit eröffnete, im Studio des Radiosenders den Podcast aufzunehmen, setzte sich dort also nach Redaktionsschluss die gesamte Gruppe zusammen, um letzte Absprachen zu den Inhalten des Podcasts zu machen. Nach einer produktiven Besprechung, konnte schlussendlich eine Aufnahmezeit von über einer Stunde vermerkt werden, in der nicht nur in die Theorie eingeführt und der Vergleich der Ergebnisse vorgenommen werden konnte, sondern auch ein interessanter, professioneller und wertvoller Diskurs über die Herausforderungen im Jugendalter, Perspektiven, Möglichkeiten, Pflichten und die Rolle von Schulen und Lehrkräften entstand.
Das finale, geschnittene Resultat war eine Podcastfolge mit einer Länge von gut 47 Minuten, wozu zusätzlich ein wissenschaftliches Poster als Handreichung gegeben wurde. Auf diesem Poster wurden die wichtigsten Zahlen, Fakten und Diagramme dargestellt, um sicherstellen zu können, dass die Zuhörerinnen und Zuhörer wesentliche Aspekte direkt zur Hand haben und nachlesen können. Mitte Januar wurde das Projekt dann fristgerecht abgegeben und von den Veranstaltern der Olympiade an die Jury weitergegeben. Hoffnungsvoll, aber auch erleichtert, dass die Abgabe geschafft war, fieberte die Gruppe schließlich der Preisverleihung in der Universität Bielefeld am 09. Februar entgegen. Die Vorfreude war groß, die Ungewissheit, ob der aufgezeichnete wissenschaftliche Diskurs der Jury zusagt, ebenso.
Als der Tag der Preisverleihung dann gekommen war, fuhren alle Gruppenmitglieder gespannt zur Universität Bielefeld, saßen dort mit vielen anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern, sowie Lehrkräften und Pädagogik-Interessierten im Hörsaal und lauschten den Vorträgen von Ullrich Bauer, Klaus Hurrelmann und den vielen anderen renommierten Gästen.
In einer Mittagspause wurde eine leckere Verköstigung bereitgestellt. Gestärkt, aber sehr, sehr aufgeregt ging es dann in den Nachmittag und zur Kürung der Gewinnergruppen. In fünf Kategorien waren die Einsendungen unterteilt und jeweils der erste und der zweite Platz wurden in einer Laudatio geehrt und anschließend bepreist. Begonnen wurde mit der Kategorie „Text und Print“, dann kam der „musisch-ästhetische“-Teil, weiter ging es mit der Kategorie „Social Media“ und der Kategorie „Spiele und Gaming“. Von Podcasts keine Spur. Angespannt verfolgte die Gruppe die Veranstaltung, bis sie dann schlussendlich in der Kategorie „Podcasts“ mit dem ersten Platz belohnt wurde!
Mit breitem Grinsen im Gesicht, zittrigen Händen und einer riesigen Freude durfte die Gruppe dann, wie die Gewinnergruppen in den vorangegangenen Kategorien, vor das Publikum treten und die Urkunde sowie die signierten Lehrwerke und Glückwünsche der Jury stolz entgegennehmen. Ullrich Bauer überreichte die signierten Lehrwerke mit den Worten, dass diese den Gutschein darstellten, dass er gemeinsam mit Klaus Hurrelmann und Gudrun Quenzel die Felix-Fechenbach-Gesamtschule besuchen wird.
Im Anschluss an die spannende Veranstaltung gab es noch Zeit, um Fotos zu machen, sich mit anderen Teilnehmenden oder Jurymitgliedern auszutauschen und den Sieg zu genießen. Nicht zuletzt dadurch wurde Wissenschaft an diesem Tag für zahlreiche Schüler und Schülerinnen nahbar und sie erlebten sich dadurch ganz im Sinne des Partizipierens als einen kleinen Teil von etwas ganz Großem. Nach netten Gesprächen mit Klaus Hurrelmann, Ullrich Bauer und Tobias Kammer (Smartwärts auf Youtube) wurde die Gruppe vom WDR für einen Radiobeitrag der Rubrik „Neugier genügt“ interviewt und konnten voller Stolz den Werdegang des Projektes beschreiben und Teilen. Am Abend stieß die Gruppe dann auf den Erfolg und das wunderbare Projekt an. Neben dem regen Austausch über die Erlebnisse an diesem ereignisreichen und aufregenden Tag entstanden auch erste Ideen, wie der Besuch der drei Wissenschaftler an der Felix-Fechenbach-Gesamtschule gestaltet werden kann. Es ist wirklich großartig, dass der Erfolg bei der Pädagogik-Olympiade den Pädagogik-Schülerinnen und den Pädagogik-Schülern der Schule nun ermöglicht, mit Klaus Hurrelmann, Ullrich Bauer und Gudrun Quenzel, die Begründer des „Modell der produktiven Realitätsverarbeitung“ in der Schule begrüßen zu dürfen, diese kennenzulernen, Fragen zu stellen und produktiv am Fachwissen weiterzuarbeiten. Die Lehrerinnen Julia Krüper und Hannah Tschentscher, die dieses Projekt und die erfolgreiche Gruppe begleitet haben sind sich einig: „Es war ein ganz besonderes Erlebnis und wirklich schön zu sehen, wie junge Menschen über sich hinauswachsen und Perspektiven entwickeln. Es ist großartig zu sehen, wie Individualisierung und Integration ineinandergreifen und aus kleinen Personen große Persönlichkeiten werden.“
Über folgenden Link (oder den QR-Code) können alle Interessierten auf die Podcastfolge zugreifen:
https://drive.google.com/drive/folders/18jOhLCUpESyep7q_9NANj0KP-7hKJNTQ
Hier geht’s zu „Neugier genügt: „Pädagogik-Olympiade“ – spielerisch Pädagogik verstehen“ vom WDR:
Hier geht’s zum Beitrag vom Deutschlandfunk:
Pädagogik Olympiade Bielefeld: Schülerinnen und Schüler erklären um die Wette (deutschlandfunk.de)
Cora Grabsch